Dissertationspreis 2024 der Stiftung HTWK verliehen: Dr. Christoph Oefner verbessert mit seiner Forschung Implantate bei Osteoporose
Patientinnen und Patienten, die an Osteoporose leiden und Implantate benötigen, können in Zukunft besser behandelt werden: Dr. Christoph Oefner entwickelte im Rahmen seiner Promotion ein digitales Vorhersagemodell zur Lebensdauerabschätzung von Implantatverankerungen im menschlichen Knochen. Außerdem konnte er die Gültigkeit eines solchen Modells anhand von experimentellen Untersuchungen aufzeigen. Für diese Leistung wurde er mit dem Dissertationspreis 2024 der Stiftung HTWK ausgezeichnet.
Dr. Oefner studierte Maschinenbau an der HTWK Leipzig und promovierte anschließend von 2017 bis 2023 an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig – in Kooperation mit der HTWK Leipzig und unterstützt durch ein HTWK-Promotionsstipendium. Seine Dissertation mit dem Titel „Rechnerische Lebensdaueranalyse eines osteoporotischen lumbalen Pedikelschraube-Wirbel-Verbunds“ wurde mit dem Prädikat „magna cum laude“ bewertet.
Maschinenbau trifft Medizin
„Es war am Anfang relativ schwierig, als Maschinenbauer ein medizinisches Thema zu bearbeiten. Aber durch familiäre Vorprägung lief das relativ gut“, erinnert sich Oefner an den Beginn seiner Promotion.
Osteoporose ist die häufigste Erkrankung des Skelettsystems. In Deutschland sind über sechs Millionen Menschen ab 50 Jahren betroffen. Aufgrund der verminderten Knochendichte steigt das Risiko für Brüche – vor allem an der Wirbelsäule. Die funktionelle Wiederherstellung der Wirbelsäule erfolgt mittels Systemen aus Stäben und Pedikelschrauben. Letztere können sich bei osteoporotischem Knochen jedoch schneller lockern oder sogar versagen.
Wie sich die Verankerung dieser Schrauben trotz schlechter Knochenqualität verbessern lässt, war die zentrale Fragestellung von Oefners Arbeit. Angesichts des demografischen Wandels ist das Thema von wachsender Bedeutung.
Digitale Vorhersage statt Schätzung
Bisher fehlten verlässliche Modelle, um die Lebensdauer von Implantaten im osteoporotischen Knochen vorhersagen zu können. Oefner übertrug daher Methoden der Betriebsfestigkeit – ein zentrales Feld des Maschinenbaus – auf den menschlichen Knochen. Mithilfe vereinfachter Modelle der Lendenwirbelsäule konnte er die Verankerungslebensdauer erstmals in Tagen und Wochen prognostizieren. Zusätzlich analysierte er den Einfluss anatomischer und materialbezogener Faktoren auf die Stabilität der Schrauben.
Die Studien basierten auf experimentellen Untersuchungen am Universitätsklinikum Leipzig sowie komplexen Simulationen, die mit Körperspenderdaten validiert wurden. Dabei zeigte sich etwa, dass schon eine einmalige Überlastung zur Lockerung führen kann. Oefner konnte zudem nachweisen, dass größere Schraubendurchmesser die Verankerung verbessern und die Lebensdauer erhöhen.
Von der Theorie in den OP
„Sein neuartiger Ansatz ist sowohl wissenschaftlich fundiert als auch für den klinischen Alltag hochgradig anwendbar“, fasst Prof. Stephan Schönfelder, Dekan der Fakultät Ingenieurwissenschaften an der HTWK Leipzig und Betreuer der Arbeit, zusammen. Mit dem entwickelten Modell lassen sich Operationen künftig besser planen und individueller gestalten. Ärztinnen und Ärzte können erstmals konkrete Aussagen zur Verankerungslebensdauervon Implantaten treffen – ein Gewinn für die Patientensicherheit.
Gleichzeitig kann die Lebensqualität Betroffener gesteigert werden, da Implantate passgenauer und stabiler verankert werden. „Auf dem Weg dahin müssen jedoch noch weitere valide Materialdaten gesammelt und die Akzeptanz von Simulationsmodellen im klinischen Alltag gestärkt werden“, so Oefner.
Der heute 34-jährige setzt sein Fachwissen inzwischen als Berechnungsingenieur bei Siemens Energy in Leipzig ein. Dort arbeitet er an Rotordynamik und Festigkeitsanalysen von Turboverdichterbaugruppen – ein Arbeitsfeld, in dem wie in der Promotion Belastungen und Simulationen im Fokus stehen.